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Entscheid des Sozialgerichts Hannover

Ist ein Skiunfall auf Dienstreise ein Arbeitsunfall?

mg
Praxis
Nein, denn nicht jede Reise mit beruflichem Bezug steht automatisch unter dem Schutz der gesetzlichen Unfallversicherung, wie ein Entscheid des Sozialgerichts Hannover zeigt. Freizeitaktivitäten bleiben Freizeit – auch wenn die Reise einen geschäftlichen Rahmen hat. 

Ein Geschäftsführer wollte einen Sturz auf der Skipiste als Arbeitsunfall anerkennen lassen. Die Unfallversicherung lehnte das ab. Das Gericht bestätigte diese Entscheidung.

Warum der Skiunfall nicht als Arbeitsunfall anerkannt wurde

Das Gericht bezweifelte, dass es sich überhaupt um eine Dienstreise handelte. Ausschlaggebend war jedoch ein anderer Punkt: Die Tätigkeit im Moment des Unfalls – Skifahren – stand nicht im inneren Zusammenhang mit der Arbeit des Geschäftsführers.

Für einen Arbeitsunfall nach § 8 SGB VII muss die konkrete Tätigkeit dem Unternehmen dienen, erklärt der Kölner Fachanwalt für Arbeitsrecht Volker Görzel, Leiter des Fachausschusses „Betriebsverfassungsrecht und Mitbestimmung“ des VDAA – Verband deutscher ArbeitsrechtsAnwälte e. V. mit Sitz in Stuttgart: „Das war hier nicht der Fall. Das Skifahren verfolgte private Zwecke und war nicht durch die geschäftliche Tätigkeit veranlasst.“

Fachvorträge vormittags haben nichts mit Freizeit nachmittags zu tun

Der Geschäftsführer war von einem Großhändler zu einer dreitägigen Skitour eingeladen worden. Vorgesehen waren Fachvorträge am Vormittag und freie Zeit am Nachmittag. Da alle Vorträge ausfielen, nutzten die Teilnehmer den Tag ausschließlich für Freizeitaktivitäten. Bei einer Skiabfahrt stürzte der Kläger und verletzte sich schwer.

Die Unfallversicherung lehnte eine Anerkennung als Arbeitsunfall ab – zu Recht, wie das Sozialgericht Hannover entschied. Netzwerken als Begründung für die Freizeitaktivität fand das Gericht nicht überzeugend, außerdem

  • gebe es keinen inneren Zusammenhang mit der Tätigkeit als Geschäftsführer,

  • diente das Skifahren privaten Interessen,

  • und daraus ergebe sich kein betrieblicher Vorteil für das Unternehmen.

Der Kläger argumentierte, die Skitour habe dem Austausch mit anderen Unternehmen gedient. Gerade das gemeinsame Skifahren fördere die Beziehungspflege. Das Gericht sah das anders und argumentierte:

  • Die Pflege geschäftlicher Kontakte ist auch ohne Skifahren möglich.

  • Der Schwerpunkt der Reise lag objektiv auf Freizeit.

  • Die Interessen des Beschäftigten überwogen deutlich.

Damit fehlte ein betrieblicher Zweck, der den Versicherungsschutz begründet hätte.

Auch der Versuch, den Vorfall als Teilnahme an einer betrieblichen Gemeinschaftsveranstaltung einzuordnen, scheiterte. Eine solche Veranstaltung muss grundsätzlich allen Beschäftigten offenstehen. Die Skitour war jedoch ausschließlich für den Geschäftsführer vorgesehen. „Damit lag keine versicherte Teilnahme an einer betrieblichen Veranstaltung im Sinne des § 2 Abs. 1 Nr. 1 SGB VII vor“, erläutert Görzel.

Weshalb das Ausfallen der Vorträge nichts änderte

Dass die ursprünglich geplanten Fachvorträge nicht stattfanden, spielte für die Entscheidung des Gerichts keine Rolle, berichtet der VDAA. Der Unfall ereignete sich während einer klaren Freizeitaktivität. Der Versicherungsschutz richte sich ausschließlich nach der Tätigkeit zum Unfallzeitpunkt, nicht nach der Planung oder dem Rahmenprogramm.

Der Fall zeigt laut Görzel: „Freizeit bleibt Freizeit, auch wenn sie im Rahmen einer Geschäftsreise stattfindet. Versicherungsschutz besteht nur, wenn die konkrete Tätigkeit dem Unternehmen dient.“ Davon müssten Incentive-Reisen, Teamevents und informelle Treffen klar abgegrenzt werden. Für Arbeitgeber und Beschäftigte lohne es sich daher, den Versicherungsschutz im Vorfeld zu klären – insbesondere bei Veranstaltungen mit Freizeitanteil.

Denn die gesetzliche Unfallversicherung prüft streng, ob ein betrieblicher Zusammenhang besteht.

Sozialgericht Hannover
Az.: S 22 U 203/23 (nicht rechtskräftig)
Gerichtsbescheid vom 14. November 2025

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