Bundesinstitut für Bevölkerungsforschung

Männer leben fast so lange wie Frauen

LL
Gesellschaft
Noch in den 1990ern haben Frauen 7 Jahre länger als Männer gelebt. Weil, genau: Sie lebten gesünder, gingen weniger ins Risiko und achteten mehr auf sich. Nun holen die Männer auf. Was ist passiert?

Forschende am Bundesinstitut für Bevölkerungsforschung (BiB) haben erstmals detaillierte Todesursachendaten für 228 Regionen in sieben europäischen Ländern (Österreich, Dänemark, Tschechien, Frankreich, Deutschland, Slowakei, Schweiz) untersucht. Die Studie zeigt, wo die Lücken zwischen Männern und Frauen besonders gering und wo sie noch auffallend groß sind.

Während Männer noch Mitte der 1990er Jahre durchschnittlich über 7 Jahre früher als Frauen starben, hat sich dieser Wert in den letzten Jahrzehnten auf unter 5,5 Jahre reduziert.Allerdings gibt es große räumliche Unterschiede: In Süddeutschland, Dänemark und der Schweiz sind liegen Männer teils weniger als vier Jahre zurück. In der Nordwestschweiz mit Basel und Umland nur 3,3 Jahre und in der Region München 3,5 Jahre. Dagegen unterscheidet sich in Teilen von Ostdeutschland, Tschechien, der Slowakei und Frankreich die Lebenswartung von Männern und Frauen um 6 Jahre und mehr. Insgesamt ist der Rückstand der Männer in vielen Großstädten kleiner als auf dem Land.

Zur Definition von Lebenserwartung

Die durchschnittliche Lebenserwartung bei Geburt gibt an, wie viele Jahre ein Mensch leben würde, wenn das ganze Leben hindurch die in dem betrachteten Zeitraum gemessenen altersspezifischen Sterblichkeitsraten gelten. Der Indikator erlaubt, die Sterblichkeitsverhältnisse zwischen Bevölkerungen beziehungsweise Teilbevölkerungen (wie etwa Männer versus Frauen) und im Zeitverlauf zu vergleichen.

Bundesinstitut für Bevölkerungsforschung

„Florierende Großstädte ziehen durch ihre guten Jobmöglichkeiten eher gesunde und qualifizierte Bevölkerungsgruppen an, während strukturschwache Regionen weniger attraktiv für diese Menschen sind“, betont Hauptautor Markus Sauerberg. Das trage zufolge dazu bei, „dass in großen Städten oft eine vergleichsweise niedrige Sterblichkeit mit geringen Geschlechterunterschieden beobachtet wird“.

Warum aber holen Männer jetzt auf? „Im 20. Jahrhundert waren gesundheitsbeeinträchtigende Verhaltensweisen wie etwa das unter Männern weiter verbreitete Rauchen von wesentlicher Bedeutung, dass die Lebenserwartung bei Männern langsamer anstieg als bei Frauen", erinnern die Forscher. Männer arbeiteten zudem früher in der Regel auch mehr und härter, wodurch sie in größerem Maße arbeitsbedingten Gesundheitsrisiken ausgesetzt waren. Außerdem ebbt bei Männern die durch das Rauchen bedingte Sterblichkeit bereits ab, während sie bei Frauen weiter ansteigt: Frauen entdeckten erst ab den 1960er Jahren das Rauchen. Auch der Herzschrittmacher lässt Männer länger leben. Der zunehmende Einsatz habe gerade bei Männern dazu beigetragen, die Sterblichkeit infolge von Herz-Kreislauf-Erkrankungen zu reduzieren, so das Autorenteam.

Wenn sich die Rollenbilder annähern, nähert sich auch die Lebenserwartung an

„Wie die Ergebnisse anderer Studien zeigen, kann nur ein kleiner Teil der Unterschiede zwischen Männern und Frauen auf biologische Unterschiede zwischen den Geschlechtern zurückgeführt werden", heißt es in ihrer Studie. "Der größere Teil ist vom Lebensstil sowie von der Vorbeugung und Früherkennung von Krankheiten abhängig. Diese Aspekte können durch persönliches Verhalten und die Gesellschaft beeinflusst werden." Und wenn sich Rollenbilder annähern, gleiche sich tendenziell auch die Sterblichkeitsunterschiede zwischen Männern und Frauen an.

Mitautor Sebastian Klüsener bekräftigt: „Wie etwa die Rollen von Männern und Frauen im Privatleben, Beruf und Krisensituationen gesellschaftlich gesehen werden, hat einen erheblichen Einfluss auf die Geschlechterunterschiede in der Sterblichkeit. Dazu zählt etwa, ob der Mann eher in der Verantwortung für das Haushaltseinkommen gesehen wird, oder ob bestimmte gesundheitsbeeinträchtigende Verhaltensweisen wie das Rauchen oder der Alkoholkonsum bei Männern oder Frauen eher toleriert werden und verbreiteter sind.“

Sauerberg, M et al.: „Sex differences in cause-specific mortality: regional trends in seven European countries, 1996–2019“, European Journal of Public Health, 2023;, ckad111, DOI: https://doi.org/10.1093/eurpub/ckad111

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